Hat deine Katze Schmerzen?

Wie du die Schmerzanzeichen deiner Katze richtig deutest

Katzen sind wahre Meister darin, Schmerzen zu verbergen. In freier Wildbahn schützt sie das vor Gefahren – zu Hause macht es uns aber schwer, zu erkennen, wenn unsere Katze leidet. Wer jedoch weiß, worauf er achten muss, kann frühzeitig Schmerzsymptome bei Katzen erkennen. Eine besonders hilfreiche Methode ist die Feline Grimace Scale (FGS), ein wissenschaftliches System, das die Mimik von Katzen als Schmerzsignal auswertet.

Warum Katzen ihre Schmerzen oft verstecken

Katzen zeigen Schmerzen selten laut oder offensichtlich. Stattdessen verändern sich Körperhaltung, Verhalten und Mimik. Typische Hinweise auf Schmerzen bei deiner Katze sind:

  • Rückzug oder weniger Aktivität
  • Weniger Appetit oder geändertes Fressverhalten
  • Schonhaltung oder vorsichtige Bewegungen
  • Vernachlässigtes Fell oder übermäßiges Lecken einzelner Stellen
  • Reizbarkeit oder vermehrtes Schmiegen

Oft erscheinen diese Signale klein oder unscheinbar, nur für ein besonders aufmerksames Auge sichtbar – für uns Menschen sind sie aber wichtige Hinweise auf Leiden oder Unwohlsein.

Wie wir Schmerzsignale oft falsch deuten

Um Schmerzen überhaupt behandeln zu können, müssen wir sie erst einmal erkennen. Doch genau das ist die Schwierigkeit. Viele Katzenbesitzer übersehen Schmerzanzeichen bei ihrer Katze oder interpretieren sie falsch.
Eine Katze, die ruhiger wird, wirkt vielleicht „gemütlich“ – tatsächlich kann jede Bewegung schmerzen.
Ein weniger gepflegtes Fell wird manchmal als Faulheit gesehen oder als ein Mangel an Nährstoffen, dabei kann sich die Katze schlicht nicht mehr bequem putzen.
Auch Anhänglichkeit oder Rückzug kann ein Hinweis auf Schmerzen oder Unwohlsein sein.

Wer solche Signale kennt, kann besser reagieren, bevor sich Probleme verschlimmern.

Katze Eden zeigt nach der FGC deutliche Schmerzanzeichen und der Tierarztbesuch stand noch an.
Katze Eden zeigt nach der FGC deutliche Schmerzanzeichen. Der Besuch beim Tierarzt war für den tag terminiert.

Die Feline Grimace Scale – Gesichtsausdruck als Schmerzbarometer

Die Feline Grimace Scale (FGS) wurde an der Universität Montreal entwickelt, um Schmerzen bei Katzen objektiv zu messen. Als  Grundlage hierzu dienten Videoaufnahmen von Katzen mit und ohne Schmerzen, die in Tierkliniken untergebracht waren. Alle Aufnahmen von Katzen mit und ohne Schmerzen wurden verglichen und daraus fünf Merkmale identifiziert, die sich bei diesen Katzen unterschieden. Diese Merkmale waren:

  • die Position der Ohren
  • die Engstellung des Augenwinkels
  • die Stellung der Schnurrhaare
  • die Kopfhaltung in Vergleich zu den Schultern und
  • die Spannung ums Maul.

Als Ausgangspunkt für jede Einschätzung, ob die Katze Schmerzen, dient der ganz normale (= neutrale Gesichtsausdruck). Diesem Gesichtsausdruck wird mit 0 Punkten bewertet, das es den Normalzustand widerspiegelt. Jede leichte Veränderung oder wenn man sich unsicher ist, gibt es 1 Punkt (leichte Abweichung von der Norm). Jede starke Veränderung erhält 2 Punkte (starke Abweichung). Für jedes Merkmal werden nun die Veränderungen im Gesichtsausdruck bewertet und die Punkte entsprechend vergeben. Ein Gesamtwert von 4 oder mehr weist auf akute Schmerzen hin und die Katze sollte einen Tierarztbesuch vorgestellt werden.

Wichtig: Die FGS ersetzt keine tierärztliche Untersuchung, gibt aber wertvolle Anhaltspunkte für gezielte Beobachtungen.

Ein Schmerzbeispiel – Kater Collin nach seiner Kastration

Ich möchte hier an der Körperhaltungen von Collin nach seiner Kastration zeigen, wie Schmerzanzeichen bei Katzen aussehen können. Collin hatte zwar direkt nach der OP ein Schmerzmittel gespritzt bekommen, doch hat das überraschend nicht ausgereicht. Schon ein paar Stunden nach dem Aufwachen aus der Narkose stellte ich leichte Schmerzanzeichen bei ihm fest. Da ich leider kein Schmerzmittel mitbekommen oder zur Hand hatte, musste ich dieses erst besorgen. Als er dann das Schmerzmittel erhielt, waren die Anzeichen schon viel deutlicher. Doch nach der Gabe entspannte konnte Collin sich relativ schnell wieder entspannen. 

Der normale, entspannte Zustand

Collin ist wachsam.
Seine Ohren sind hoch und nach vorne ausgerichtet.
Seine Augen sind geöffnet.
Seine Schnurrhaare sind gebogen und interessiert aufgefächert.
Sein Kopf liegt höher als die Schultern und
sein Maul ist entspannt.

Kurze Zeit nach der OP

Collin zeigt leichte Schmerzanzeichen.
Seine Ohren sind leicht nach außen gedreht.
Seine Augen sind halb geöffnet.
Seine Schnurrhaare liegen enger zusammen und nur noch leicht gebogen.
Sein Kopf ist noch leicht höher als die Schultern und
sein Maul wirkt leicht angespannt.

Direkt vor der Schmerzmittelgabe

Collin zeigt leichte Schmerzanzeichen.
Seine Ohren sind nach außen gedreht.
Seine Augen sind zusammengekniffen.
Seine Schnurrhaare liegen eng zusammen und am Körper.
Sein Kopf ist auf Höhe der Schultern bzw. nach unten ausgerichtet und
sein Maul ist angespannt.

So wendest du die Feline Grimace Scale zu Hause an

Beobachte einmal deine Katze in Ruhe und in einem entspannten Zustand – nach dem Fressen, beim Schlafen oder Kuscheln. Notiere dir vielleicht die verschiedenen Merkmale: wie ihre Ohrposition ist, wie weit ihre Augen geöffnet sind, wohin die Schnurrhaare zeigen, wie hoch/tief der Kopf hängt und wie entspannt die Schnauze aussieht. Dieses „Normalgesicht“ dient dann als Vergleich. Mach gerne auch Fotos und hefte diese ausgedruckt zu deinen Notizen. Sie können dir später einmal helfen, subtile Unterschiede besser zu erkennen.

Wenn du dann Veränderungen siehst – zusammengekniffene Augen, angelegte oder gespannte Schnurrhaare, einen tief gesenkten Kopf – kann das ein Hinweis auf Schmerzen bei deiner Katze sein.

Das Gesamtbild verrät dir mehr über den Gesundheitszustand

Katze Elli liegt entspannt und abwartend auf dem Bett
Katze Elli liegt entspannt und abwartend auf dem Bett. Auch wenn Augen, Schnurrhaare und Maul auf Schmerzen hindeuten könnten, ist alles ok.

Neben diesen mal mehr und weniger deutlicheren Schmerzanzeichen nach der FGC, sollte immer die gesamte Situation und der komplette Gesundheitszustand deiner Katze betrachtet werden. Manchmal kommt es auch vor, dass bestimmte Gesichtsausdrücke den Merkmalen der FGC entsprechen und Katzen danach Schmerzanzeichen zeigen. Doch in Wirklichkeit haben sie bspw. gerade nur kurzzeitig eine ungünstige Liegeposition eingenommen oder zu hastig gefressen und nun einen drückenden Magen. Das Gesamtbild zählt und du kennst hier deine Katze am Besten.

Zusätzlich zur Mimik gibt es aber auch noch ein paar Verhaltensweisen, die auf Schmerzen bei deiner Katze hindeuten können, besonders wenn du sie in Kombination mit den FGC Merkmalen wahrnimmst, wie bspw. deine Katze…

  • springt seltener auf Möbel oder Fensterbänke,
  • hat Schwierigkeiten beim Aufstehen oder Hinlegen,
  • empfindlich bei Berührung bestimmter Körperstellen
  • zeigt Fressunlust bzw. Futterstücke fallen ihr aus dem Maul
  • und ihr Gangbild wirken steif oder unsicher.

Es macht auf jeden fall immer sinn deine Katze, ihre Gesundheit und ihre Situation im ganzen zu betrachten. Bei älteren Katzen kann insbesondere Arthrose eine Ursache sein, bei jüngeren Tieren auch Verletzungen, Zahnprobleme oder innere Erkrankungen.

Mein Fazit: Unsere Aufmerksamkeit schützt die Katze

Schmerzen bei Katzen zu erkennen, ist oft schwierig; sie frühzeitig zu erkennen, kann aber entscheidend für ihr Wohlbefinden sein. Hier hilft die Feline Grimace Scale mit ein bisschen Übung und Beobachtung, feine Veränderungen in Mimik und Verhalten zu erkennen. Wen wir auf diese Signale achten, können wir schneller handeln, Leiden lindern und die Lebensqualität unserer Katze deutlich verbessern.

Weitere Informationen, Übersichtsbögen und Trainingshandbücher findest du auf der Website der Feline Grimace Scale. (→ ext. Link)